




Ich beuge mich über eine fischig riechende Kiste und versuche zu erkennen was es mit dem Getier darin aufsich hat, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, was diese etwa faustgrossen, schwarzen glänzenden Kugeln sein sollen, ist es vielleicht eine besondere Art chinesischer Qualle? Auch das rötliche, schmale Dings, was in der Kunsstoffkiste daneben noch vor sich hinzuckt, hab ich noch nie gesehen... Der Reisegefährte und ich sind, auf der Suche nach einem Ort für einen kleinen Lunch, von der Küstenstrasse in Richtung Hualien abgebogen. Nanfang-Ao, schreibt unser Reiseführer, ist der bekannteste Fischereihafen der Region und bekannt für seine guten Lokale, die alles servieren, was unter Wasser kreucht und fleucht, bekanntermassen sind die Chinesen ja deutlich experimentierfreudiger als wir Langnasen, was das verzehren von jeder Art von Lebewesen angeht...Als ich mich wieder hochbeuge steht sie neben mir und lächelt mich an, Leann ist Chinesin, Anfang zwanzig und spricht sehr gut englisch. Sie fragt ob sie mir helfen kann, vermutlich hat sie meinen ratlosen Blick in die Fischkiste beobachtet. Sie kann, wir kommen ins Gespräch, wie sich herausstellt, lebt sie in Nanfang Ao um das Business des Fischexportes von der Pike auf zu lernen. Um uns herum herrscht ein heilloses Gedrängel, gerade bringen die Fischer den Fang der letzten Nacht rein, auch, wenn ich nichts verstehe, der Ton ist rauh, die wettergegerbten Gesichter der Männer zeugen von einem harten Leben auf See, aber alle kennen Leann und grüssen sie. Das ist hier für gewöhnlich kein Business für eine junge, hübsche Frau, doch das scheint Leann nicht zu stören, sie berichtet mit grosser Leidenschaft von ihrem Beruf und den damit verbundenen Reisen um die ganze Welt, auch in Deutschland war sie schon. Mittlerweile haben wir ziemlichen Hunger und wollen eine der nächstgelegenen Fischbuden ansteuern, doch Leann winkt ab, das ist Touristen Food (chinesische Touristen natürlich, wir sind weit und breit die einzigen Langnasen im Ort), der Fisch ist vom Vortag. Sie verspricht uns ein wirklich gutes Fischlokal zu zeigen, wir folgen ihr neugierig auf die andere Strassenseite in einen chaotisch aussehen Laden, natürlich gibt es keine englische Speisekarte, der Fisch wird per Gewicht verkauft und nach Anweisung der kundigen Gäste zubereiten, ohne Leann wären wir verloren. Gestenreich handelt sie mit dem Besitzer aus, was Minuten später fangfrisch serviert wird, Riesengarnelen, Muscheln und einen ganz besonderen kleinen, sehr zarten Fisch (nicht, dass ich mir den Namen hätte merken können) der Besitzer des Ladens ist rührend um unser Wohlergehen bemüht, auch wenn wir uns null verständigen können. Die anderen Gäste beäugen uns neugierig, habt ihr schonmal versucht einen ganzen Fisch nur mit Stäbchen zu zerlegen?....Nach dem Essen treffen wir Leann draussen wieder, leider konnte sie uns zum essen nicht begleiten, weil sie arbeiten musste, und bedanken uns herzlich für ihre Hilfe und die wunderbare Empfehlung, nicht ohne unsere Mailadressen auszutauschen.
Ach, übrigens bei den glänzenden, schwarzen Kugeln handelt es sich um Fischaugen, das muss ein gigantisch grosser Fisch sein, und der Gourmet geniesst sie gegart mit etwas Zitrone, das soll gut für die Haut sein, na dann...
Where to find: Nanfangao, 80 km südlich von Taipeh, an der Ostküste Taiwans, über die Autobahn braucht man etwa 1 1/2 Stunden.

